Die erste kurze Langfahrt im Jahr 2010
Am 5. April, noch in den Osterfeiertagen, stach die Aqua mit einer siebenköpfigen Crew zum ersten heurigen 300sm-Törn in See. Die geplante Route führte von der Marina Punta Faro in Lignano in der Mitte der Adria (Fahrtbereich 3) um die Tremiti Inseln auf der Höhe der italienischen Stadt Ortona herum bis nach Ancona auf einen Stadtspaziergang und ein gutes Eis und zurück in den Ausgangshafen.
Beim Auslaufen meinte das Wetter es noch gut mit der segelwilligen Mannschaft. Bald nach dem Ablegen konnten die Segel gesetzt werden und bei einer schwachen bis mäßigen Brise aus Westen Kurs auf Tremiti genommen werden. Mit der untergehenden Sonne wurde aber leider auch der Wind weniger, bis gegen 2100 der Motor gestartet werden musste. Mit Marschfahrt wurden im Laufe der ersten Nacht durch die Verkehrstrennungsgebiete navigiert. Im Laufe des Vormittags des nächsten Tages blieb der erhoffte Wind aus Westen aus und es musste weiter mit dem Gusssegel in südlichere Gefilde vorgedrungen werden. Die ruhige See und das strahlend schöne Wetter wurde aber sogleich für astronomischen Navigation genutzt, die Sonne von jedem Crewmitglied auf den Horizont gesetzt und die Sonnenstandlinien berechnet. Der Erfolg blieb nicht aus, die ermittelten Standlinien befanden sich zum größten Teil weniger als acht Seemeilen von der wahren Position der Aqua entfernt. Am späten Nachmittag kam ein wenig Wind aus Nordwest auf und die Crew beschloss den Spinnaker zu setzen, um gemütlich essen zu können. Lange blieb die Ruhe aber nicht erhalten, schon bald wurde wieder der Motor gestartet. Immerhin musste der Großteil der Strecke noch bewältigt werden. Als auch in der zweiten Nacht kein Wind aufkam und aufgrund der Wetterlage (stabiles Hoch über der Adria) keine Aussicht auf Wind bestand, beschloss man die Route zu verkürzen, um die eventuell verbleibende Zeit im Ausgangshafen nach der Rückkehr sinnvoller nutzen zu können.
Als Wendepunkt wurde die Bohrinsel Emma Ovest auf der Höhe von San Benedetto gewählt, das Eis sollte im Ferienidyll Rimini zu sich genommen werden. Gegen Mittag des dritten Tages, schon wieder auf dem Weg Richtung Norden, bemerkte die Crew gegen Mittag, dass aus dem Auspuff kein Kühlwasser mehr spritzte. Sofort wurde der Motor abgestellt und man begab sich auf Fehlersuche. Der Impeller war intakt, die Schläuche der Seewasserzuleitung nicht verstopft und auch ein Blick unter das Schiff, bei einem kühlen Sprung ins Wasser, führte zu keinem Ergebnis. Als nächster Schritt wurde überprüft, ob das Impellerrad sich überhaupt dreht. Die Abdeckung des Gehäuses wurde entfernt und der Motor kurz gestartet – der Impeller stand still. Der Defekt lag also beim Antrieb der Seewasserpumpe. Das Gehäuse wurde abmontiert und der Fehler wurde sichtbar. Die Kupplung zwischen Antriebs- und Abtriebswelle schloss aufgrund von Verschleiß und Abrieb nicht mehr. Nach einem kurzen, aber erfolglosen Versuch die Seewasserpumpe mit Kraft und Abstandsverringerung doch noch zum Laufen zu bringen wurde klar, dass Ersatzteile besorgt werden müssen. Nach Telefonaten mit Graz konnte eine Zweigstelle des Motorenherstellers Perkins in Ravenna ausfindig gemacht werden und das nötige Ersatzteil bestellt werden. Dieses sollte schon am folgenden Tag zu Mittag in Ravenna eintreffen und die Firma bot an, dieses mittels Kurier in einen Hafen unserer Wahl zuzustellen. Die Aqua stand aber 20 sm von der italienischen Küste entfernt in de Flaute. Desweiteren mussten noch 50 sm vor dem nächsten Anlegen zurückgelegt werden, um die Bedingungen für den 300sm-Törn zu erfüllen. Die Crew entschloss sich, mit wissentlich wenig Aussicht auf Erfolg, eine Ersatzkühlung zu basteln. Aus der originalen Seewasserpumpe wurde das Impellerrad entfernt und das Pumpengehäuse geschlossen auf dem ursprünglichen Platz montiert. Mit auf der Aqua befindlichen Ersatzschläuchen wurde die Bilgepumpe an den äußeren Kühlkreislauf des Motors gehängt und der durch eine Luke geführte Wasserschlauch diente als Saugleitung vom Meer zur Pumpe. Der Motor und die Bilgepumpe wurden eingeschaltet. Die große Befürchtung, dass die Pumpe zu wenig Druck erzeugte, um das Kühlwasser durch die Leitungen und den Motor zu pumpen, konnte glücklicherweise verworfen werden. Jetzt mussten nur noch die ebenfalls unangenehmen, aber durchaus handhabbaren Möglichkeiten der zu hohen bzw. zu niedrigen Fördermenge der Pumpe überprüft werden. Nach ein paar Tests stellte sich heraus, dass die Pumpe nicht zu viel (Gefahr Wasserschlag) und nicht zu wenig förderte (Gefahr Überhitzung). Glück im Unglück – die Bilgepumpe war genau richtig dimensioniert. Zufrieden mit der eigenen Arbeit und erleichtert über diesen großen Zufall wurde bei langsamer Fahrt und ständiger Kontrolle der Motortemperatur und der Funktionalität der Bilgepumpe mit einem Bier angestoßen.
Um die Gefahr des Ausfalls der Bilgepumpe zu verringern, wurde zunächst mit geringer Drehzahl gefahren und der Pumpe jede Stunde 15 Minuten Pause gegönnt. Am Abend des dritten Tages hatte die Crew schon so viel Vertrauen in ihre Konstruktion gewonnen, dass die Drehzahl, bei kontinuierlicher Überwachung, erhöht wurde. In der darauffolgenden Nacht kam endlich der Wind auf, der gebraucht wurde, um schneller voran zu kommen. Mit zwei bis drei Beaufort aus West segelte die Aqua hart am Wind gen Rimini. Der Wind hielt bis vor Rimini an. Vor der Hafeneinfahrt wurden die Segel geborgen und man legte sich an die Tankstelle. Die Crew entschloss sich während der Wartezeit, trotz des sommerlichen Wetters, statt eines Eises, eine Pizza essen zu gehen. Nach Rückkehr zum Boot und einem Gespräch mit Perkins Ravenna stellte sich heraus, dass das benötigte Ersatzteil noch nicht angekommen war und frühestens am folgenden Tag (Freitag) zu Mittag eintreffen sollte. Aus Zeitgründen und mit dem Vertrauen in die Ersatzkühlung legte die Aqua trotzdem ab und nahm Kurs Richtung Lignano. Zuvor wurde die bis zu diesem Zeitpunkt offene Konstruktion aus Gründen der Bequemlichkeit in die Bilge verlegt. Nach einer Stunde gemütlichen Segelns schlief der Wind wieder ein und der Motor wurde gestartet. Mit kürzeren Pausen (10 Minuten jede Stunde) und höherer Drehzahl (2200 U/min) näherte sich die Aqua mit durchschnittlich 4,5 kn dem Heimathafen. Am Morgen des fünften Tages kam der lang angekündigte NE-Wind auf und die letzten Meilen konnten nach Lignano gesegelt werden. Bei Windstille in der Marina Punta Faro und einer brav arbeitenden Bilgepumpe wurde problemlos am eigenen Liegeplatz angelegt. Insgesamt wurden in diesen fünf Tagen 467 sm zurückgelegt, davon 143 sm unter Segel, 195 sm unter Motor mit originaler Seewasserpumpe und 129 sm unter Motor mit Ersatzkühlsystem. Die 300 sm wurden prüfungsordnungsgemäß absolviert.
Herzlichen Dank an alle Teilnehmer für das Durchhaltevermögen, die Unterstützung, die guten Ideen und Bereitschaft diese Reise gemeinsam bis zum Ende durchzustehen.